«Schlafprobleme beginnen nicht erst um 22 Uhr»
Text: Mirjam Andres
Wenn wir schlecht schlafen, sind wir morgens nicht einfach nur müde: Wir können uns zudem nicht konzentrieren, reagieren langsam, fühlen uns überfordert, schätzen Risiken falsch ein und sind weniger einfühlsam. Auf Dauer macht schlechter Schlaf krank und schlägt auf das Gemüt.
Ruth Kappeler, wie gut schlafen Ihre Workshop-Teilnehmenden?
Die berufliche oder familiäre Belastung ist bei den meisten sehr hoch. Etwa ein Drittel gibt an, nicht regelmässig zu schlafen. Erschreckend viele haben sich daran gewöhnt, nicht gut zu schlafen. Oft ist ihnen nicht bewusst, wie wichtig Schlaf ist. Sie sind tagsüber oft müde, unternehmen jedoch nichts, um dies zu ändern.
Welche Frage wird Ihnen am meisten gestellt?
Wie viele Stunden Schlaf brauche ich? Wann ist die beste Schlafenszeit? Kann ich den Schlaf nachholen? Diese Fragen kommen in jedem Workshop.
Was antworten Sie darauf, ob man Schlaf nachholen kann?
Der Schlafbedarf ist individuell und ändert sich im Verlauf des Lebens. 90 Prozent der Erwachsenen brauchen sechs bis acht Stunden Schlaf. Für die meisten, die morgens früh um sechs aufstehen, ist der Schlaf vor Mitternacht deshalb wichtig. Schlaf können wir nur sehr begrenzt nachholen. Wer unter der Woche nur vier Stunden pro Nacht schläft, kann den Schlaf niemals am Wochenende oder in den Ferien nachholen.
Was können wir vor dem Schlafengehen machen, um besser zu schlafen?
Schlafprobleme beginnen nicht erst abends um zehn Uhr, sondern bereits morgens! Work-Life-Balance heisst nicht, tagsüber pausenlos unter Hochdruck zu arbeiten, um sich dann abends bei Alkohol zu vergnügen. Wir sollten uns bereits tagsüber Pausen gönnen. Ausserdem ist unsere Freizeit meist überladen, wir haben zu wenig Erholungszeiten. Öfters den Faultiermodus zulassen, einfach sein: Dies würde uns helfen, besser zu schlafen.
Kommt es zu weiteren Aha-Effekten?
Schon mit kleinen Ritualen kann man viel erreichen. Trinken Sie tagsüber ein paarmal für fünf Minuten ein Glas Wasser und schauen Sie dabei einfach aus dem Fenster. Oder machen Sie einen kurzen Powernap. Auch Atemübungen kennen viele nicht, obwohl diese wirkungsvoll sind.