In der Schweiz ist die Tabakindustrie besonders erfolgreich damit, Nikotinsüchtige bei der Stange zu halten und neue Kundschaft zu finden. Der Vape-Konsum bei Jugendlichen steigt enorm. Weil der Einfluss der Tabakindustrie auf die Forschung und auf die Behörden so hoch ist, landet die Schweiz im weltweiten Tabak-Lobby-Index auf dem zweitletzten Platz.
Die Etablierung neuer Tabak- und Nikotinprodukte ist den Tabak- und Nikotinkonzernen gelungen. Was vordergründig als Um- und Ausstiegshilfe angepriesen wird, wird zunehmend zu einem Problem der öffentlichen Gesundheit. Denn diese Produkte werden in besorgniserregendem Ausmass von Kindern und Jugendlichen konsumiert.
Wie Kinder von der Tabak- und Nikotinlobby manipuliert werden
Die bunten Vapes (Einweg-E-Zigaretten) sehen aus wie Leuchtstifte, wirken harmlos und verführerisch wie Lollipops. Aufgrund des oft hohen Nikotingehalts machen sie jedoch rasch süchtig. Zudem enthalten sie krebserregende Substanzen. Gemäss einer Studie von Sucht Schweiz hat ein Viertel der 15-Jährigen in den letzten 30 Tagen Vapes konsumiert. Betroffene Eltern sind ratlos. «Ich fühle mich ohnmächtig und habe das Gefühl, versagt zu haben», sagt Aline*, die Mutter des 12-jährigen Luca*. Ihr Sohn habe die Vapes mit Taschengeld einem Schulkollegen abgekauft.
Eine Generation wird nikotinsüchtig gemacht
Was auf dem Pausenplatz begann, wurde bei Luca rasch zur Sucht. Bald kam der Konsum von Snus dazu. Dabei handelt es sich um kleine Säckchen mit teils hohem Nikotingehalt, die unter die Oberlippe geschoben werden. Ein späterer Umstieg auf herkömmliche Zigaretten ist nicht auszuschliessen. «Es kann doch nicht sein, dass eine ganze Generation nikotinsüchtig gemacht wird und wir dabei zusehen müssen», empört sich Aline.
Kinder können Vapes in den meisten Kantonen legal am Kiosk kaufen, weil derzeit gesetzliche Regulierungen für solche Produkte fehlen. Ausserdem können E-Zigaretten und Co. frei beworben werden, solange die Politik die vom Volk angenommene Initiative «Kinder ohne Tabak» nicht konsequent und verfassungskonform umsetzt. Die Schweiz bleibt somit der Lieblingsspielplatz für die Tabakkonzerne. Zudem werden hierzulande grosse politische Parteien von der Tabakindustrie finanziell unterstützt, die sich für deren Interessen im Parlament einsetzen.
Schweiz auf dem zweitletzten Rang
Im weltweiten Tabak-Lobby-Index belegt die Schweiz den zweitletzten Platz, knapp vor der Dominikanischen Republik. Für diesen Index wird unter anderem der Einfluss der Tabakindustrie auf die Forschung und die Behörden untersucht. Auch in der European Tobacco Control Scale liegt die Schweiz auf dem zweitletzten Rang. Diese Analyse nimmt staatliche Präventionsmassnahmen wie Preisgestaltung, Rauch- und Werbeverbote oder Warnhinweise auf Verpackungen unter die Lupe. Gesundheitswarnung der WHO Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) forderte im Dezember 2023 alle Regierungen auf, dringend Massnahmen zu ergreifen, um den Konsum von E-Zigaretten bei Kindern und Jugendlichen zu verhindern. Unter anderem sollen Aromastoffe in Vapes verboten werden. Doch solche Forderungen sind in der Schweiz aufgrund einer fehlenden nationalen Tabakstrategie kaum umsetzbar. Von einer «Tobacco Free Generation», wie sie beispielsweise in den Niederlanden auf der Agenda steht, ist die Schweiz weit entfernt.
Lungenliga fordert den Bund zum Handeln auf
Um die Nikotin- und Tabakprävention in der Schweiz voranzutreiben, hat die Lungenliga Leitziele definiert. Sie fordert den Bund dazu auf, Massnahmen zu ergreifen, um künftige Generationen vor dem Tabak- und Nikotinkonsum zu schützen.
*Name von der Redaktion geändert
Kontakt
Lungenliga Schweiz, media@lung.ch
Die Lungenliga
Seit über 125 Jahren setzt sich die Lungenliga dafür ein, dass Menschen mit Lungen- und Atemwegserkrankungen möglichst selbständig und ohne Beschwerden leben können.
Die Lungenliga ist eine nationale, nicht gewinnorientierte Gesundheitsorganisation. Sie engagiert sich in der Gesundheitsförderung und Prävention, bildet Fachpersonen aus und fördert Forschungsprojekte.
Die Lungenliga begleitet über 114 000 Patientinnen und Patienten an 61 Standorten in der ganzen Schweiz. Die 17 kantonalen und regionalen Lungenligen und die Dachorganisation Lungenliga Schweiz beschäftigen insgesamt rund 800 Mitarbeitende.
Die Lungenliga Schweiz ist ZEWO-zertifiziert.