Bern, 13.2.2024 – Auf den Tag genau vor zwei Jahren haben Volk und Stände die Initiative “Kinder ohne Tabak” an der Urne angenommen. Doch nun droht die verfassungskonforme Umsetzung am neu gewählten Parlament zu scheitern. Insbesondere bei Promotion und Sponsoring möchte die Gesundheitskommission des Nationalrates Ausnahmen machen, die gemäss Rechtsexperten eindeutig verfassungswidrig sind.
Am 13. Februar 2022 haben 56,6% der Bevölkerung und 15 Stände die Volksinitiative «Kinder ohne Tabak» deutlich angenommen. Der Auftrag ans Parlament war klar: Tabakwerbung darf Kinder und Jugendliche nicht mehr erreichen. Zwei Jahre später ist die Ernüchterung gross. Gemäss Thomas Gächter, Rechtsprofessor an der Universität Zürich, ist die vorgeschlagene Version des revidierten Tabakproduktegesetzes in mehreren Punkten verfassungswidrig. «Folgt der Nationalrat den Anträgen seiner Kommission, wäre aufgrund von Ausnahmen bei Promotion und Sponsoring sogar noch mehr Tabakwerbung erlaubt als im Tabakproduktegesetz von 2021», erklärt Gächter. “Der Umsetzungsvorschlag ist in mehreren Punkten schlicht nicht verfassungskonform”.
Promotion und Sponsoring haben eine klare Werbewirkung
Verkaufsförderung im öffentlichen Raum wäre demnach weiterhin erlaubt. Bei dieser Art der Promotion verkauft mobiles Personal z.B. im Restaurant oder am Strassenfest Tabakprodukte. Die Werbeverbote auf Plakaten, in Kinos oder auf Sportplätzen möchte die Kommission sogar wieder lockern.
Dass Promotion eine starke Werbewirkung hat, ist unbestritten und gerade ein jugendliches, preissensibles Publikum spricht stark darauf an. Auch Sponsorings durch die Tabak- oder E-Zigaretten-Industrie sollen zulässig bleiben, obwohl Sponsoring eine äusserst effektive Form von Werbung ist, die auch Minderjährige erreicht. In den offiziellen Informationen zur Abstimmung wurde deshalb auch klar dargelegt, dass Sponsoring bei einem JA nicht mehr möglich sein wird. Trotzdem weigert sich eine Mehrheit der Volksvertreterinnen und -vertreter, diese offensichtlichen Schlupflöcher mit der Gesetzesrevision zu schliessen.
Kinder und Jugendliche jetzt schützen
Während das Parlament die Revision des Tabakproduktegesetzes diskutiert, steigt der Nikotinkonsum von Jugendlichen ungehindert an. Gemäss einer repräsentativen Befragung hat rund ein Drittel der 15-Jährigen in den letzten 30 Tagen mindestens ein Nikotinprodukt konsumiert. «Wir sehen in der Praxis, dass mehr Kinder und Jugendliche Puffbars und E-Zigaretten konsumieren, aber nicht viel weniger herkömmliche Zigaretten. Wir sehen auch, dass diese Kinder und Jugendlichen mehr Atemwegssymptome, mehr Husten und eine schlechtere Fitness haben. Je früher Kinder Tabak- und Nikotinprodukte konsumieren, desto gravierender sind die gesundheitlichen Auswirkungen und desto stärker wird die Sucht. Der Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung ist also akut.», sagt Alexander Möller, Kinderpneumologe am Universitätsspital Zürich.
Der Bundesrat präsentierte dem Parlament einen konsequenten Umsetzungsvorschlag. Nun liegt es am Nationalrat, sich in der Frühjahrssession auf den Verfassungsauftrag zu besinnen und endlich dafür zu sorgen, dass Tabakwerbung Kinder und Jugendliche nicht mehr erreicht.
Kontakt
- Hans Stöckli, Präsident des Trägervereins, hans.stoeckli52@bluewin.ch, 079 770 83 58
- Reto Wiesli, Sekretär des Trägervereins, reto.wiesli@hausaerzteschweiz.ch, 031 508 36 10
- Stefanie de Borba, Krebsliga Schweiz, media@krebsliga.ch, 031 508 36 08
- Claudia Künzli, Lungenliga Schweiz, c.kuenzli@lung.ch, 031 378 20 57
Trägerschaft der Volksinitiative
Hinter der Volksinitiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung » stehen die grossen Gesundheitsorganisationen der Schweiz. Dies sind insbesondere die Krebsliga, die Lungenliga, mfe Haus- und Kinderärzte Schweiz, die Stiftung Sucht Schweiz, die FMH, die Allianz Gesunde Schweiz, der Schweizerische Drogistenverband, der Schweizerische Apothekerverband pharmaSuisse, Pädiatrie Schweiz, die Lungenfachärzte sowie die Kardiologen. Hinzu kommen die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft der Jugendverbände und das Blaue Kreuz. Auch Swiss Olympic, der Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz mit seinem welschen Pendant SER und das Kollegium für Hausarztmedizin haben sich der Initiative angeschlossen.